Tradition, Augenmaß, Verantwortung – Innovation als Leitmotiv

Die Geschichte der GIZEH Verpackungen GmbH begann vor knapp 100 Jahren mit Zigarettenpapier. Zum Technologieführer für starre Kunststoffverpackungen scheint es auf den ersten Blick ein weiter Weg. Wer jedoch die Unternehmensgeschichte studiert, stellt fest: Ein Händchen für Innovationen und die Erschließung von Zukunftsmärkten hatte man von Anfang an.

GIZEH Verpackungen, ein familiengeführter Mittelständler aus dem Bergischen Land, gehört heute zu den ersten Adressen für technisch anspruchsvolle Kunststoffverpackungen in Europa und Nordamerika. Die Kundenliste liest sich wie das Who’s Who der europäischen Lebensmittelindustrie: Nestlé, Ferrero, FrieslandCampina, Müller und viele weitere mehr. Mit modernster Produktionstechnik beherrscht GIZEH alle gängigen Fertigungs- und Dekorationsverfahren und fertigt heute über 3 Milliarden Kunststoffbehälter im Jahr. Am Anfang der Unternehmensgeschichte stand jedoch ein ganz anderer Werkstoff: Papier.

Cigarettenpapier-Verarbeitungsgesellschaft

Die Geschichte von GIZEH nahm ihren Ursprung 1920 in Köln. Kurz zuvor hatten aus dem Ersten Weltkrieg heimkehrende Soldaten das „Selberdrehen“ von Zigaretten mitgebracht. Der Spezialpapierhersteller Schoeller & Hoesch erkannte das Potenzial und gründete in Köln ein Unternehmen zur Herstellung von Zigarettenpapier. Der Name GIZEH soll einem der Gesellschafter auf einer Reise nach Ägypten vor den gleichnamigen Pyramiden eingefallen sein. Am 2. Januar 1920 wurde die „GIZEH Cigarettenpapier-Verarbeitungsgesellschaft“ ins Handelsregister eingetragen.

In der Zwischenkriegszeit entwickelte sich das Unternehmen trotz wirtschaftlich und politisch turbulenter Zeiten zunächst gut und wurde zu einer bekannten Marke. Allerdings verschlechterten sich Ende der 30er-Jahre auch für GIZEH die Zeiten – zumal der damalige Geschäftsführer Jude war. Es gelang ihm, sich vor Kriegsausbruch noch rechtzeitig nach Amerika abzusetzen. Nicht jedoch, ohne zu veranlassen, dass die Maschinen am Standort in Köln in Sicherheit gebracht wurden. Als Versteck wählte man eine Gaststätte in Bergneustadt – damals ein abgeschiedenes 5.000-Einwohner-Nest tief im Bergischen Land, rund 50 Kilometer östlich von Köln.

Neuanfang in Bergneustadt

Das sollte sich als kluge Entscheidung erweisen: Während das Kölner GIZEH-Werk 1944 bei Luftangriffen komplett zerstört wurde, hinterließ der Krieg in der bergischen Provinz kaum Spuren. Die Maschinen blieben unversehrt. So konnte kurz nach Kriegsende wieder mit der Produktion begonnen werden – in der Gaststätte! Wochentags wurde auf dem Tanzboden Zigarettenpapier konfektioniert, am Wochenende wurden die Maschinen beiseitegeräumt und es wurde getanzt.

Wenig später ging es mit der Unternehmensentwicklung wieder gut voran – Zigaretten waren in den Nachkriegsjahren eine Art Ersatzwährung. Mit Zigarettenpapier ließen sich gute Geschäfte machen. 1948 begann die industrielle Produktion in den Räumen der Firma K. S. Wahlefeld. 1954 wurde am Breiter Weg in Bergneustadt der Grundstein für einen eigenen Produktionsstandort gelegt. Dort befindet sich der Stammsitz des Unternehmens noch heute.

Einstieg ins Verpackungsgeschäft

Nachdem die Umsätze mit Zigarettenpapier in den 50er-Jahren zunächst stetig gestiegen waren, stieß das Wachstum in diesem Markt bald an seinen Grenzen. Bei GIZEH machte man sich deshalb Gedanken, wie man das Produktportfolio erweitern konnte. So wurden ab 1957 u. a. Lochkarten aus Papier hergestellt. Gleichzeitig experimentierte man mit der Entwicklung von Verpackungen aus Papier. Mit Erfolg: 1959 begann GIZEH mit der Produktion. Zunächst wurden Buttereinwickler aus Pergaminpapier hergestellt, kurz darauf folgten Verpackungen für Milch und Schlagsahne in sog. Giebeltops aus Paraffinpapier.

Dem Kunststoff gehört die Zukunft

Das neue Verpackungsgeschäft wuchs rasch: 1964 wurden bereits 140 Millionen Packungen hergestellt. Gleichzeitig begann in den 60er-Jahren das „Kunststoffzeitalter“. GIZEH erkannte frühzeitig den Trend und erwarb 1964 die ersten Spritzgussautomaten zur Herstellung von Molkereibechern. 1966 wurde mit der Serienproduktion von tiefgezogenen Kunststoffverpackungen für die Milchwirtschaft begonnen. In den Folgejahren gehörte das Unternehmen zu den Pionieren bei der Herstellung von Molkereiverpackungen aus Kunststoff. Erneut sollte sich auszahlen, dass man frühzeitig auf das richtige Pferd gesetzt hatte: Denn Ende der 60er-Jahre brach das Geschäft mit Papierverpackungen dramatisch ein. Grund war der sog. „Paraffinkrieg“. Das für Lebensmittelverpackungen verwendete Paraffinpapier war in den Verdacht geraten, krebserregende Substanzen zu enthalten. Die Umsatzrückgänge waren daraufhin so gewaltig, dass schließlich die gesamte Sparte Papierverpackungen eingestellt werden musste. Fortan setzte GIZEHs Verpackungssparte ganz auf Kunststoff.

Expansion und Stillstand

In den 50er- und 60er-Jahren hatte sich der Markt noch weit tiefgreifender verändert als nur in Bezug auf das Material: Mit Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft 1957 war die Keimzelle der Europäischen Union, entstanden, und so taten sich im europäischen Ausland neue Möglichkeiten auf. Auch hier gehörte GIZEH zu den ersten mittelständischen Unternehmen, die diese Chancen nutzten: Im elsässischen Bouxwiller wurden die ersten ausländischen Fertigungsstandorte gegründet.

Standen die Jahrzehnte davor ganz im Zeichen von Wiederaufbau, Wachstum und Expansion, folgte in den 80er und 90er-Jahren eine Phase der Stagnation.

Die damalige Geschäftsführung vernachlässigte genau das, was GIZEH bisher ausgezeichnet hatte: Forschung und Entwicklung, Investitionen in Produktionstechnik und die Erschließung neuer Geschäftsfelder. Auch die Kunden wurden stiefmütterlich behandelt. Die Umsätze in allen drei Sparten (Raucherbedarf, Kunststoffverpackungen, Tischservice) gingen zurück und GIZEH wurde Mitte der 90er-Jahre zum Sanierungsfall. In dieser Krise kam 1996 ein junger Sanierungsmanager ins Unternehmen: der Maschinenbauingenieur Ralf Jung. Seine Aufgabe war, das Produktportfolio zu bereinigen, das Geschäft auf zukunftsträchtige Produkte zu konzentrieren und die Gruppe besser an den Bedürfnissen des Marktes auszurichten. Jung machte sich an die Arbeit. Nur ein Jahr später gab es jedoch einen schweren Rückschlag.

Verkauf und Zerschlagung

Ein Gesellschafter der Gruppe war mit anderen Beteiligungen in die Insolvenz gerutscht. Zur Befriedigung seiner Gläubiger war er gezwungen, die GIZEH-Gruppe zu verkaufen. So wurde sie 1997 an die „Deutsche Beteiligungs AG“ veräußert, die jedoch keine langfristigen Pläne mit GIZEH hatte. Vielmehr sollte die Gruppe kurzfristig in „marktorientierte Einheiten“ aufgeteilt und mit Gewinn wiederverkauft werden. So wurde das Unternehmen in seine Bestandteile zerlegt. 1998 wurde die Raucherbedarfsparte an die niederländische Gruppe Mignot & De Block verkauft; die Trinkbechersparte ging kurze Zeit später an RPC Tedeco. Übrig blieb die Verpackungssparte, die in den Jahren zuvor Verluste geschrieben hatte. Die Investoren winkten ab. Allerdings gab es einen, der deren Potenzial genau kannte und an sie glaubte: Geschäftsführer Ralf Jung.

Neustart mit Risiko

Gerade einmal 40 Jahre alt, entschloss Ralf Jung sich, das Unternehmen zu übernehmen. Das Risiko war hoch. GIZEH beschäftigte 400 Mitarbeiter, machte 30 Millionen Euro Umsatz und einen operativen Verlust von 3 Millionen. Jung kannte jedoch die Kunststoffindustrie aus vorangegangenen Tätigkeiten gut und wusste, dass es im Unternehmen hervorragendes Know-how und gute Mitarbeiter gab. Er hatte immer Unternehmer werden wollen, hier bot sich ihm die Chance, auf hohem Niveau einzusteigen. 1998 übernahm er das Unternehmen und wurde Alleingesellschafter und Geschäftsführer der GIZEH Verpackungen GmbH.

Nachdem die Finanzierung des laufenden Betriebs gesichert war, erstellte er ein Sanierungskonzept. Dessen Eckpunkte waren: deutliche Umsatzsteigerung mit Bestandskunden, Steigerung der Produktivität und möglichst kein dramatischer Personalabbau.

Gleich im Folgejahr wurden seine Nerven auf eine harte Probe gestellt. Ein massiver Rohstoffpreisanstieg machte alle Ertragsplanungen zunichte. So schrieb GIZEH Verpackungen 1999 einen kräftigen Verlust. Ab 2000 begann die Strategie jedoch zu greifen. Bis 2001 konnte der Umsatz um 50 Prozent gesteigert werden und das Unternehmen schrieb erstmals wieder ein positives Ergebnis.

Vom Sanierungsfall zum Innovationsführer

Im Jahr 2003 war GIZEH Verpackungen so weit stabilisiert, dass man den zweiten Schritt der Unternehmensentwicklung in Angriff nehmen konnte. Das Unternehmen sollte sich auf das besinnen, was es seit jeher ausgezeichnet hatte: „Unsere Stärken waren und sind unsere Innovationskraft, unser Prozess-Know-how und unsere hohe Entwicklungskompetenz“, sagt Ralf Jung. „GIZEH als Spezialist für technisch anspruchsvolle und kundenorientierte Verpackungslösungen zu positionieren war deshalb ein logischer Schritt.“

So investierte er in innovative Technologien, z. B. das damals neue In-Mould-Labelling-Verfahren, zu dessen Verbreitung das Unternehmen maßgeblich beigetragen hat. 2004 errichtete GIZEH im brandenburgischen Elsterwerda Europas modernsten Becherstandort. 2005 baute GIZEH Verpackungen mit der Übernahme des Wettbewerbers Coembal in Angers, Frankreich, seine Position im französischen Markt für Dairy-Verpackungen aus. Insgesamt investierte das Unternehmen zwischen 2004 und 2007 50 Mio. Euro in neue Anlagen und Technologien. Der Umsatz erhöhte sich in diesem Zeitraum von rund 45 auf 90 Millionen Euro.

Die Zukunft: Wachstum mit Augenmaß

Heute ist das Unternehmen kerngesund und seit 2007 stetig auf Wachstumskurs. Zuletzt wagte GIZEH sogar den Sprung über den großen Teich und eröffnete im kanadischen Brantfort (Ontario, Kanada) sein erstes Werk in Übersee. Mit hoch innovativen Produkten wie z. B. hochtransparenten EVOH-Behältern mit Barriereschicht, außergewöhnlichen Bechergeometrien oder aktuell mit der Weltneuheit Digitaldruck gelingt es immer wieder, in der Branche Akzente zu setzen. Dank der 18 Mitarbeiter starken Entwicklungsabteilung und der eigenen Werkzeugbautochter ist das Unternehmen in der Lage, innovative Verfahren in Eigenregie zu entwickeln und für die Kunden umzusetzen.

Auch in Zukunft will GIZEH weiter wachsen, aber aus eigener Kraft und mit Augenmaß. „Wir sind ein Familienunternehmen aus Überzeugung“, betont Jung. „Dazu gehört eine bestimmte Unternehmenskultur und dass uns langfristige Beziehungen wichtig sind – zu unseren Kunden und zu unseren Mitarbeitern. Das ist die Basis für unseren Erfolg und das soll auch so bleiben.“ So soll GIZEH weiterhin als unabhängiges Familienunternehmen seine Position im Markt behaupten und ausbauen und ein maßgeblicher Innovationstreiber der Branche bleiben. Dass es dazu in der Lage ist, hat das Unternehmen in seiner Geschichte oft genug bewiesen.

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